Donnerstag, 5. Februar 2015

Griechischer Finanzminister bei Wolfgang Schäuble

Während sich der neue griechische Premierminister Alexis Tsipras außerhalb Deutschlands Verbündete gegen seinen größten Geldgeber sucht, wagt Finanzminister Gianis Varoufakis die Tuchfühlung mit dem abgeklärten Bundesfinanzminister. Die Abkühlung der letzten Monate entspricht wohl einem alten zwischenmenschlichen Phänomen, wonach der Geldgeber am Ende oft der Dumme ist und statt einer Refinanzierung jede Menge Beschimpfungen kassiert.

Griechischer Finanzminister Varoufakis bei Wolfgang Schäuble
Griechischer Finanzminister Varoufakis bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
Die Verjüngung in der griechischen Ministerriege ist deutlich zu erkennen: keine Krawatte, dunkles Hemd, Sakko zu groß, Hemd über der Hose - Griechenland wäre gut beraten, wenn sich dieses Start-up-Image auch positiv auf die regionale Wirtschaftskraft durchschleift.

Wolfgang Schäuble zeigte deutliche Skepsis, ob die in Griechenland eingeleiteten Maßnahmen in die richtige Richtung gehen. Man sei als EU an den Rand des Möglichen gegangen und habe immer wieder Hilfe zur Selbsthilfe geleistet. Aber auch Griechenland müsse sich bewegen. Es sei zwar auf einem guten Weg, diesen müsse es jedoch hauptsächlich selbst gehen. Es bedarf eines eigenen Programmes, dieses gebe es jedoch nicht.

Griechischer Finanzminister Varoufakis bei Wolfgang Schäuble
Entspannte Atmosphäre sieht anders aus - Griechischer Finanzminister Varoufakis bei Wolfgang Schäuble
In der vorausgegangenen Unterredung zwischen Schäuble und Varoufakis seien die unangenehmen Wahrheiten klar angesprochen worden und Wolfgang Schäuble habe diverse Lösungsvorschläge unterbreitet, die jedoch auch angenommen werden müssten. So habe Deutschland schon länger eine aktive Beratung bei Steuerangelegenheiten angeboten und könne dafür sogar kurzfristig 500 Berater zur Verfügung stellen. Es sei jedoch bisher nicht dazu gekommen.

Insbesondere bei Investitionen und der Besteuerung wohlhabender Griechen bestehe dringender Handlungsbedarf.

Griechischer Finanzminister Varoufakis bei Wolfgang Schäuble
Wolfgang Schäuble zeigt, wo es lang geht - Griechischer Finanzminister Varoufakis im Bundesfinanzministerium
Korruption, Korruption, Korruption - so oft nutze Wolfgang Schäuble diesen Begriff normalerweise nicht. Bei Griechenland sei das jedoch ein erhebliches Problem ohne wirklichen Lösungsansatz. Einige griechische Journalisten versuchten den Spieß umzudrehen und bezichtigten deutsche Firmen als zu 90% an der Korruption beteiligt. Ergänzend wurde die Frage gestellt, ob es denn schlimm sei, dass in Griechenland Wahlversprechen eingehalten würden.

Schäuble antwortete darauf, dass das Einhalten von Wahlversprechen nicht schlimm sei. Schlimm sei nur, wenn man Wahlversprechen zu Lasten Dritter abgebe. Bezüglich der Korruption solle jeder vor der eigenen Tür kehren. Man solle sich ferner dessen bewusst sein, dass Griechenland - auch darüber habe man geredet - aufgrund eigener Versäumnisse den Marktzugang verloren habe, obwohl es eine massive europäische Solidarität gab.

Videos:
Eingangsstatement von Finanzminister Schäuble
Antwort auf Journalistenfrage durch Finanzminister Varoufakis

Autor: Matthias Baumann