Mittwoch, 15. April 2015

Luther und die Fürsten in Torgau

Beim Lesen der Bibel fällt auf, dass es nur in wenigen Fällen die offiziellen Priester waren, die etwas im Auftrag Gottes bewegt hatten. "Wenn sie die Fürsten nicht an ihrer Seite haben, dann geht da nichts", fasste Prof. Dr. Dirk Syndram, Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer, auch das Verhältnis von Reformatoren und Staatsgewalt zusammen. Die "Freiheit des Christenmenschen" sei gleichzeitig auch die Freiheit der Fürsten gewesen.

Bei der heutigen Veranstaltung in der Landesvertretung Sachsen wurde die vom 15. Mai bis 31. Oktober 2015 in Torgau zu sehende Sonderausstellung "Luther und die Fürsten" präsentiert. Ganz Torgau mit seinem gut erhaltenen Renaissance-Stadtkern wird zu einem begehbaren Exponat. Das Schloss Hartenfels bildet dabei das berührbare Zentrum und gilt damit als Hauptexponat. Hinter dem Schloss gebe es sogar Parkplätze.

Luther und die Fürsten Torgau
"Luther und die Fürsten" Sonderausstellung in Torgau - Rede von Prof. Dr. Dirk Syndram
Torgau-Besucher können ab Mai insgesamt 290 historische Stücke bestaunen. Es handelt sich vielfach um Leihgaben aus aller Welt inklusive des Vatikans. Auch wenn Luther im Titel zuerst genannt wird, hat die Ausstellung doch eher einen säkularen Fokus und konzentriert sich insbesondere auf die Selbstdarstellung der Fürsten zur Zeit der Reformation. Fürsten, die sogar die Größe besaßen, die kaiserliche Krone abzulehnen. Ein Jahrhundert der Umdenkungsprozesse und verbaler Neuschöpfungen wie "Machtwort", "Denkmal" oder "Sündenbock".

Oberbürgermeisterin Andrea Staude schwärmte in ihrem Grußwort davon, dass diese Begriffe in Torgau in den offiziellen Wortschatz aufgenommen worden waren. Sie wusste auch davon zu berichten, dass Luther zu seiner Hochzeit eigens ein Fass mit Bier aus Torgau bestellt hatte. Da Torgau im Zweiten Weltkrieg von einer Bombardierung verschont wurde, fühlt man sich auch heute noch bei einem Spaziergang ins 16. Jahrhundert zurück versetzt.

Luther und die Fürsten bewegten jedoch nicht nur die Entwicklungen ihrer Gegenwart, sondern auch jede Menge Gäste zum Besuch der Veranstaltung in der Landesvertretung Sachsen. So mussten kurz vor Beginn noch Stühle herangeschafft werden und die Begrüßungsformeln der Oberbürgermeisterin nahmen fast mehr Zeit in Anspruch als die eigentliche Rede.

Musikalisch wurde der Abend durch die Schwestern Alma-Elisabeth und Marie-Alice Stoye umrahmt, die uns mittelalterliche Klänge auf Viole da Gamba zu Gehör brachten.

Autor: Matthias Baumann

Dienstag, 7. April 2015

#wirtschaftfm und die Reziprozität eines Podiumsgespräches im Wirtschaftsministerium

Das Markenzeichen deutscher Fachbücher manifestiert sich in einer überaus großen Dichte an Fremdwörtern. Wenn nach der Lektüre fünf neue Begriffe in den eigenen Wortschatz aufgenommen werden konnten, hat sich das Studium eines 70-Euro-Werkes mit 450 Seiten bereits gelohnt, zumal dann bekannt ist, dass es sich um einen großen Autoren der deutschen Wissenschaft gehandelt haben muss. Die Vermittlung fachlicher Inhalte ist dabei sekundär.

Beim "homo oeconomicus" bestimmen allerdings Effektivität und zielführender Wissenserwerb das Handeln, so dass in unseren Regalen vorwiegend Fachbücher englischsprachiger Autoren zu finden sind. Kein Wunder also, dass uns nach dem heutigen Gespräch zwischen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Prof. Dr. Armin Falk die Frage beschäftigte: "Wie korrelieren Paternalismus, soziale Präferenzen und altruistische Reziprozität"?

wirtschaftfm Wirtschaft für Morgen Sigmar Gabriel Armin Falk
#wirtschaftfm - Wirtschaft für morgen - Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Gespräch mit Prof. Dr.Armin Falk
Reziprozität zog sich durch die gesamte Veranstaltung "Wirtschaft für morgen". Reziprozität gibt es als positive und negative Variante, wobei Männer wohl eher zur Negativversion tendieren. Der Professor stellte diverse Studien vor, in denen die Motivation von Mitarbeitern oder Steuerzahlern im gesellschaftlichen Sozialgefüge getestet wurden. Was wird als fair und was als unfair wahrgenommen? Wie wirken sich Divergenzen der Arbeitsatmosphäre hinsichtlich Vertrauen und Misstrauen gegenüber Mitarbeitern auf die Gesamtergebnisse eines Unternehmens aus? Wie schlägt eine gerechte oder als ungerecht empfundene Entlohnung auf den Gesundheitszustand von Arbeitnehmern durch?

Armin Falk machte anhand von Studien deutlich, dass ein als fair empfundenes Steuersystem nachhaltig positive Auswirkungen auf die Steuermoral habe. In seinem nahezu frei gesprochenen Vortrag ging er auch mehrfach auf die vorherige Rede des Wirtschaftsministers ein.

Während der finalen Diskussionsrunde zwischen Sigmar Gabriel und Armin Falk hatten das anwesende und das multimedial verbundene Publikum Gelegenheit zu Koreferaten und Fragen. Die Koreferate wurden relativ gut gekürzt und die Fragen direkt an die beiden Herren auf dem Podium durchgereicht. Sigmar Gabriel wurde auch mit der üblichen Frage "Wie kann ich mitbestimmen" konfrontiert und konterte mit einem klaren: "Einfach machen"! Auf die kürzlich durch einen Schüler gestellte Frage, was er denn gegen dessen Politikverdrossenheit tun wolle, sagte er: "Gar nichts". Damit forderte er zur aktiven Teilnahme am politischen Geschehen auf.

Es kamen auch Fragen zur aktuellen Situation mit Griechenland. Im Bezug auf eine positive Reziprozität handelten die Griechen äußerst "dumm". Immerhin wollten sie ja etwas von Deutschland. Die "leichte politische Übung" werde durch unpassende Äußerungen oder thematisch abgekoppelte Reparationsforderungen zu einer negativen Reziprozität geführt. Griechenland habe seine Ressourcen selbst ausgeweidet und wundere sich nun über den Paternalismus der europäischen Geldgeber. Mit seichten Nudge-Methoden sei da nichts mehr zu stabilisieren.

Video-Empfehlung:
Mitschnitt der Veranstaltung aus der BMWi-Mediathek

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 1. April 2015

200. Geburtstag von Bismarck

"In Sachsen-Anhalt hat alles begonnen", bemerkte Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, in seinem Grußwort. Auch heute noch verzeichne Sachsen-Anhalt die höchste Dichte an Nachfahren Bismarcks, der übrigens als "Deichgraf" sämtliche Deiche dieser Region gebaut hatte. Alle hätten bisher gehalten. Die bei den letzten Fluten gebrochenen Deiche seien viel später gebaut worden. Dr. Haseloff schwärmte von seinem Bundesland und warf als Ergänzung noch Martin Luther in die Waagschale.

Immer wieder ging es um das Alter und die epochale Spannweite des Lebens von Bismarck. Immerhin war er für 22 Jahre ein Zeitgenosse Adenauers. Bei seiner Geburt gab es keine Eisenbahn in Deutschland. Aber zu seinem Tode wurden bereits U-Boote mit Torpedos ausgerüstet.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Grußwort des Bundespräsidenten beim Festakt zum 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
Bundespräsident Gauck zählte in seinem Grußwort sämtliche Titel Bismarcks auf und endete mit einem "kurz: Eiserner Kanzler". Dass Otto von Bismarck ein direkter Wegbereiter Hitlers gewesen sei, wies er als "falsche Be- und Verurteilung" zurück. Joachim Gauck ging auf die bahnbrechende Sozialgesetzgebung ein und auf das Engagement, "Reichsfeinde" ausfindig zu machen und zu eliminieren. Dieses Feindbild fand seine Definition in Katholiken und Sozialisten.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Rudolf Seiters beim 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
Interessanterweise erreichte Bismarck mit einigen seiner harten Durchgriffe genau das Gegenteil, so dass letztlich ein Wachstum dieser Bevölkerungsgruppen angeregt wurde.

Eine gewisse Ambivalenz wies auch die Selbsteinschätzung Bismarcks auf.

Laut Kanzleramtsminister a.D. Rudolf Seiters waren Bismarcks wundeste Punkte "Dank und Anerkennung". Einige Jahre später wollte er davon jedoch nichts mehr wissen.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Finanzminister Wolfgang Schäuble - Festrede zum 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
Finanzminister Wolfgang Schäuble bemühte in seiner Festrede verschiedene Vergleiche zu heutigen Personen und Staatsgebilden. Er resümierte dann jedoch, dass alle diese Vergleiche hinkten und solch ein einzigartiger Politiker seinesgleichen suche. Man könne jedoch viele Dinge von ihm lernen, was er mit dem Zitat "Die Historie macht uns nicht klug für ein andermal, sondern weiser für die Ewigkeit" untermauerte. Man könne Handlungsweisen nicht für spätere Situationen kopieren, sondern müsse Prinzipien daraus ableiten, die man in ähnlichen Situationen anwende.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Bismarck-Familie beim Festakt zum 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
200. Geburtstag Otto von Bismarck
Botschafter zu Gast beim Festakt zum 200. Geburtstag von Otto von Bismarck
Im Schlüterhof des Deutschen Historischen Museums waren heute neben den bereits genannten Spitzenpolitikern auch der amtierende Kanzleramtsminister Altmaier, der ehemalige amerikanische Botschafter Kornblum, der britische Botschafter Simon McDonald KCMG, Angehörige der Bismarck-Familie, Klaus-Rüdiger Landowsky, Volker Tschapke und weitere bekannte Persönlichkeiten erschienen.

Die Begrüßung teilten sich Prof. Dr. Alexander Koch von der Stiftung Deutsches Historisches Museum und Dr. Rüdiger Kass von der Otto-von-Bismarck-Stiftung.

200. Geburtstag Otto von Bismarck
Wolfgang Schäuble (ganz links) übergibt die ersten 10-Euro-Gedenkmünzen und 62-Cent-Briefmarken
200. Geburtstag Otto von Bismarck
Sonderpostwertzeichen "200. Geburtstag Otto von Bismarck"
Ein besonderes Bonbon war die Übergabe der 10-Euro-Gedenkmünze sowie des Sonderpostwertzeichens - umgangssprachlich Briefmarke - zum 200. Geburtstag Otto von Bismarcks durch Wolfgang Schäuble.

Autor: Matthias Baumann