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Mittwoch, 8. Juni 2016

ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16

"Schlipsträger verschwinden in der geschmacklosen Schlosskopie", lesen wir bei Twitter unter #stattschloss. Gemeint ist der Ausklang des ZIA Tages der Immobilienwirtschaft 2016 im Humboldt Forum am Schlossplatz 1.

ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16 - Alexander Dobrindt (mitte) im Stadtschloss
Bei 27,5°C war der Schlips im Schrank geblieben. Als ich gegen halb fünf an der Hauptstadtrepräsentanz der Telekom eintreffe, herrscht dort eine entspannte Atmosphäre. Schlipsträger und Schlipslose stehen vor der Tür und rauchen oder trinken Apfelsaft. Im Foyer stehen kleine Gruppen und fachsimpeln über neue Immobiliengesetze. Es gibt Kaffee und Kuchen und einen relativ leeren Saal, in dem gleich der Bundestagspräsident Norbert Lammert reden soll. ZIA-Präsident Andreas Mattner trifft noch die letzten Absprachen vor dem nächsten Programmpunkt. Er trägt eine Krawatte in ZIA-Gelb. Ich setze mich in die Nähe des Rednerpultes. Ein Gong ertönt und auf dem breiten Screen über der Bühne wird ein Countdown eingeblendet: 59, 58, 57, 56. Weitere ZIA-Protagonisten laufen emsig durch den Saal. Man erkennt sie am markanten Schlips in Kombination mit weißem Hemd und schwarzem Anzug - gelebte Corporate Identity. Als der Countdown die Null erreicht, sind viele der weißen Stühle besetzt.

ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16 - Bundestagspräsident Norbert Lammert
Norbert Lammert trägt heute eine blaue Krawatte mit weißem Muster. Tanja Samrotzki, die als Moderatorin durch den Tag der Immobilienwirtschaft führt, interessiert sich für die Methoden, die der ZIA für die Gewinnung eines so hochkarätigen Redners angewendet habe. Die Beziehungen reichen bis in die frühe Jugend von Andreas Mattner zurück. Bereits mit sechzehn hatte er Norbert Lammert kennengelernt. Beide kommen aus dem Ruhrpott. Damals hatte der Bundestagspräsident noch die Berufswünsche Musiker oder Fußballer. Gelandet ist er in der Politik. Die spitzfindig gestellte Frage, ob er sich denn noch einen anderen Berufswunsch erfüllen wolle, zu dem man ein gewisses Alter erreicht haben müsse, kommentiert er ebenso verklausuliert, so dass die Anwesenden daraus schließen können, er werde nicht für die Nachfolge von Joachim Gauck kandidieren.

Norbert Lammert, zu dessen Anmoderation erst einmal mehrere YouTube-Videos gezeigt werden, beginnt seine Rede wieder bei einem historischen Ereignis, das genau 201 Jahre zurückliegt. Die Deutsche Bundesakte war eine geschichtliche Weichenstellung für Europa. Er redet über Europa und gebraucht dabei Vergleiche aus der Immobilienbranche. Der exzellente Redner zieht die Zuhörer mit intelligentem Humor und Scharfsinn in seine Gedankenwelt hinein. Europa sei eine ernste und Besorgnis erregende Sache. Wenn man begeisterte Europäer suche, müsse man in Staaten gehen, die gar nicht in der EU sind. Diese Staaten seien frustriert darüber, dass sie nicht dem "Club der Frustrierten" angehören. Norbert Lammert zitiert einen ehrlichen, aber harten Zeitungsartikel unter der Überschrift "Die E(u)rosion" und resümiert: "Der Befund ist unerfreulich, aber zutreffend". EU-Staaten sollten sich auch endlich einmal wie Staaten benehmen. Er beobachte bei einigen "Staatslenkern", dass sie "sich als Opfer der von ihnen selbst herbeigefügten Beschlüsse fühlen". Abschließend zitiert er Imre Kertész, der Europa an seine Grundwerte erinnert. Grundwerte sind das Fundament eines überlebensfähigen Europas. Mit "Fundament" war der Bogen zum Tag der Immobilienwirtschaft geschlossen. Applaus. Standing Ovations. Applaus mindestens drei Minuten, anhaltend, kräftig und auch nicht durch die Bescheidenheitsgesten auf der Bühne zu beenden.

ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16 - Konferenzsaal vor der Rede Norbert Lammerts
Nach einem kurzen Interview verlässt der Bundestagspräsident den Saal. Viele Schlipsträger und ihre begleitenden Damen verlassen ebenfalls den Saal. Es beginnt eine Talkrunde, die sich mit Zuwanderung und den damit verbundenen Herausforderungen der Immobilienwirtschaft beschäftigt. Eine sehr interessante Diskussion zwischen Politik und Wirtschaft, deren Fazit eine gut gesteuerte Durchmischung von Wohngegenden mit Einheimischen und Zugezogenen ist. Das fange bereits im Hausaufgang an. Die vielfachen Nachlässigkeiten der Vergangenheit hätten Ghettoisierung und teilweise Totalentwertung von Gebäudekomplexen zur Folge gehabt. Hier seien Wohnungsbaugesellschaften und Quartiersmanagement gleichermaßen gefragt.

Anschließend gehen weitere Schlipsträger, die sich offensichtlich einen guten Platz im Schloss sichern oder im nahe gelegenen Hotel die Krawatte wechseln möchten. Das sind allerdings nur Spekulationen. Es werden nun zwei Gruppen nominierter Preisträger für "Köpfe 2016" auf die Bühne gebeten. Insgesamt erhalten die beiden Unternehmer Marion Schmitz-Stadtfeld und Prof. Jörg Friedrich sowie Bürgermeister Hans-Josef Vogel ein farbinvertiertes Bild. Ihre Projekte befassen sich allesamt mit der Integration von Geflüchteten. Dabei geht es um praktischen und bezahlbaren Wohnraum sowie die soziale Integration in die regionale Gesellschaft. Genau der Ansatz, der auch in der vorausgegangenen Paneldiskussion verfolgt wurde.

ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16 - Demonstration zum Thema #stattschloss
Als wir zusammen mit den Preisträgern den Saal verlassen, ist das Foyer überfüllt mit den vorab gegangenen Teilnehmern. Es war also tatsächlich reine Spekulation, dass sie ihre Krawatten wechseln oder ins Schloss gehen würden. Deshalb ist auch an der Scheibe neben der Eingangstür klar zu lesen: "Spekulant". Daneben noch einige rote Hände mit präsentiertem Mittelfinger. Vor der Tür mehrere Polizeibusse und Polizisten in Einsatzkleidung. Über Lautsprecher erfahren wir, dass soeben eine unangemeldete Demonstration aufgelöst wurde und man wegen der Eskortierung zum Schloss mit der Polizei in Kontakt stehe. Die Demonstration habe sich bereits zum Haupteingang des Schlosses verlagert. Mittelfinger, Plakate und Konfetti waren wohl während der letzten Programmpunkte im Eingangsbereich des Telekom-Hauses verteilt worden. Wie in diesem Video zu sehen ist, wurde eine Vielzahl der verspäteten Gäste nicht zur letzten Paneldiskussion über integratives Wohnen eingelassen. Laut Flickr mussten wohl einige Schlipsträger nach der Demonstration ihre eingefärbte Kleidung wechseln.

ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16 - Polizeieskorte zum Stadtschloss
Nach etwa einer Stunde im "goldenen Käfig" der Telekom werden die Anzugträger mit und ohne Krawatte sowie die Powerfrauen aus der Immobilienbranche über Nebenwege zum Humboldt Forum eskortiert. Eine spannende Situation, die ein wenig an die Zeit vor dem Umbruch im Filmklassiker "Doktor Schiwago" erinnert. Strahlender Sonnenschein, bestes Wetter für Baustellenfotos. Während die Demonstranten mit Möbeln vor dem Südeingang des Schlosses warten, passieren wir die Holzpforte an der Nordseite. Unsere Namensschilder werden gescannt. Dann geht es an den Sanitärcontainern vorbei. Im Hauptportal wird Sekt gereicht. Vor uns steht eine lange Tafel mit abgedeckten Speisen, eine große Bühne mit den schweren Holzbuchstaben "ZIA" und noch eine übersichtliche Schar an Gästen.

ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16 - Party im Innenhof des Stadtschlosses
Langsam füllt sich der Innenhof des Schlosses. Das zweite Glas Sekt, Gespräch mit Bekannten und dort Alexander Dobrindt. Wie aus dem Nichts steht er plötzlich neben uns im Innenhof und ist umringt von den ZIA-Vorständen. Gleich wird es eine Rede geben und das Buffet eröffnet. Es gibt vorwiegend deftige Kost von Lachs bis Schweinshaxe und Pilzen. Dazu Kartoffelsalat, Eis und Getränke für jeden Geschmack.

ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16 - Blick in die VIP-Lounge
Im Westflügel befindet sich die VIP-Lounge mit stilecht gekleideten Einlassern und Ledersesseln. Umbaut von unzähligen Gerüsten und zwei Hebebühnen. Die Innenarchitektur des Schlosses ist rot illuminiert und bietet viele spannende Sichtachsen. Fotos über Fotos entstehen. Gut, dass kein Film mehr gewechselt werden muss.

ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16 - Ausblick vom Dach des Schlosses
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16
ZIA Tag der Immobilienwirtschaft 2016 #TdI16 - Blick in die Kuppel des Schlosses
Über eine Treppe gelangen wir in die erste Etage. Von dort aus führt eine weitere Treppe auf das Dach des Schlosses. Was für ein Blick über das abendliche Berlin. Über Bretter und Stiegen geht es zur Kuppel. Von hier aus hat man die beste Rundumsicht. Auch ohne Krawatte ist mir ein weiterer Aufstieg in die Spitze zu riskant. Die aufgerissene Hose beim Botschafterempfang im Schloss Bellevue ist immer noch zu präsent. Das sollte hier nicht passieren. Beim Abstieg in das offizielle Geschehen nutzen wir andere Wege und haben beim Eintauchen in die Party eine dicke Schicht von Baustaub auf den Schuhen. Nach Eis und Mineralwasser bedanken wir uns noch einmal für die gute Moderation bei Tanja Samrotzki und verlassen mit einem Goody Bag das Schloss. Es ist Nacht und die Französische Straße ist wieder für den Fahrzeugverkehr freigegeben.

Autor: Matthias Baumann

Mittwoch, 18. November 2015

9. Nationaler IT-Gipfel und die globale Disruption

Die 47. Kalenderwoche ist eine ereignisreiche Woche für die deutsche Wirtschaft. Gestern fand der 1. Immobilien-Herbstdiskurs des ZIA im Kempinski Hotel Bristol statt. Heute folgte der zweitägige Deutsche Handelskongress im Maritim Hotel. Besonderes Highlight war auch in diesem Jahr das Gala-Dinner anlässlich der Verleihung des Deutschen Handelspreises. Darüber hatten wir ja bereits im letzten Jahr berichtet.

Deutscher Handelskongress 2015
Deutscher Handelskongress 2015 - Aussteller im Hotel Maritim
Beim Betrachten der Einladungen fragen wir uns immer wieder wie Angela Merkel und ihr Vizekanzler Gabriel solch ein Pensum an Veranstaltungen, Reden, Entscheidungsprozessen und dazu noch die Auseinandersetzung mit der Tagespolitik bewältigen.

Auf dem Handelskongress waren neben Etiketten- und Logistikanbietern wieder sehr viele IT-Unternehmen und Beratungsgesellschaften wie pwc oder Deloitte vertreten. Am Stand von pwc lernten wir, dass es inzwischen auch einen "Konsumenten 4.0" gebe. Dieser bewege sich im "Store 4.0". Einer Begleitbroschüre war zu entnehmen, dass das IT-Modewort "Disruption" inzwischen auch den Handel betrifft. Und obwohl sich der Handel dessen schon seit geraumer Zeit bewusst ist und virtuelle Verkaufsräume schon seit Jahren bei den Handelsimmobilien-Kongressen thematisiert werden, lässt sich diese Entwicklung nun klar benennen. Es handelt sich um Disruption.

9. IT-Gipfel Empfang
9. Nationaler IT-Gipfel - Empfang im "Kraftwerk"
Um das noch besser zu verinnerlichen, legten wir eine Disruption in der Tagesplanung ein und fuhren vom Deutschen Handelskongress zum 9. Nationalen IT-Gipfel ins "Kraftwerk" am Spreeufer. Hier ging es nicht nur um IT in einem ausgewählten Wirtschaftssegment, sondern um IT im Allgemeinen. Hier traf sich die Crème der IT-Wirtschaft, also die Protagonisten von Wirtschaft 4.0 und Industrie 4.0. Eine Veranstaltung, auf der wir so gut wie niemanden kannten. Das kommt nicht oft vor. Umso mehr freuten wir uns, als Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer auf uns zukam. Alexander Dobrindt war dann der zweite Bekannte, der uns mit gleichfalls starkem Händedruck begrüßte.

9. IT-Gipfel Empfang
9. Nationaler IT-Gipfel - Alexander Dobrindt
Am Pult erlebten wir eine Folge von Disruptionen. Zuerst sprach Bitkom-Präsident Thorsten Dirks, anschließend Wirtschaftssenatorin Yzer und danach der verantwortliche Minister Dobrindt.

Die Reden waren sehr kurz und disruptierten dann in der Eröffnung des Buffets mit ganzer Rinderkeule, Ofengemüse und Selleriepüree. Wegen der im Betastadium befindlichen Akustik 4.0 hatten wir so gut wie nichts von den Reden verstanden, obwohl wir in unmittelbarer Nähe des Pultes standen. Der MdB neben uns machte ein stimmungsvolles Foto von Alexander Dobrindt. "Das sieht ja sakral aus"! "Ja, und man versteht nichts, scheint Latein zu sein", sagte der Nachbar. Anhand vereinzelt aufgeschnappter Wortgruppen muss es um den idealen IT-Standort Berlin und schnelles Internet gegangen sein. "Einen schönen Abend", hörten wir noch von Alexander Dobrindt.

Am Buffet mussten wir feststellen, dass die "ganze Rinderkeule" zwar im Stück 36 Stunden lang im Aromabad gegart worden war, aber nur in Teilen abgegeben wurde. Parallel hörten wir durch die Lautsprecher, dass EU-Kommissar Günther Oettinger jetzt erschienen sei. Eine Disruption des bereits begonnenen Abendessens ließen viele der Gäste nicht zu, obwohl Günther Oettinger als Sprecher 4.0 auftrat und eine deutlich längere Ansprache hielt als seine Vorredner. Daran wurde deutlich, dass sich selbst die IT mit 4.0 noch schwer tut.

Apropos schwer tun:

9. IT-Gipfel Empfang
9. Nationaler IT-Gipfel - Empfang im "Kraftwerk"
Beim Betreten des "Kraftwerkes" hatten wir uns vor einer Werbewand fotografieren lassen. Die Fotos sollten wie üblich am Ende des Abends abgeholt werden. Es gab diesmal keinen Aufsteller, wo die ausgedruckten Fotos eingesteckt waren, sondern ein riesiges Tablet, auf dessen Screen man in einem virtuellen Stapel von 100 Fotos wühlen konnte. Wer zufällig sein Foto dort fand, konnte es per Mail an sich selbst senden.

Grafisch und spielerisch war das wohl recht ansprechend. Nach fünf Minuten hatten wir unser Foto immer noch nicht gefunden. Die Standbetreuer stellten fest, dass ja viel zu viele Fotos eingespielt worden seien, wofür die App gar nicht ausgelegt sei. Sie lösche dann ältere Fotos, um Platz zu gewinnen. Es bestand also noch Harmoniebedarf zwischen Big Tablet und Big Data. Sticks und Speicherkarten wurden nachgeladen. Unser Foto war nicht dabei. Nach zwanzig Minuten wurde ein Experte per Handy kontaktiert und das Tablet neu gestartet. Ab und zu sahen wir unser Foto in einem Ordner. Wurde dieser auf den verspielten App-Screen geladen, vermengte er sich sofort mit dem Haufen der zuletzt aufgenommenen Bilder und musste erneut gesucht werden. Da wir wissen wollten wie die finale Belohnung des Spielers aussieht, harrten wir die halbe Stunde geduldig aus und konnten dann endlich unser Foto aus dem virtuellen Fotoberg herausfischen, um es per Mail an uns senden. Auf das Eintreffen des Mails warten wir noch*. Zumindest waren der spielerische Aspekt und die Optik ganz nett.

Aus der oberen Etage hörte man Disco-Klänge. Weit über 500 Gäste werden nach Tanz und Networking vermutlich ihre Fotos per Mail an sich senden wollen. Wir verließen das "Kraftwerk".

Morgen geht der IT-Gipfel in die entscheidende thematische Runde. "Digitale Zukunft gestalten - Innovativ_Sicher_Leistungsstark" ist das Thema, mit dem sich Angela Merkel, Sigmar Gabriel, die Ministerinnen Wanka und Nahles sowie Bitkom-Präsident Dirks beschäftigen. Digitalisierung und die Vier-Punkt-Null-Derivate stehen auf der Agenda ganz oben. Bleibt nur zu hoffen, dass bei den damit verbundenen Disruptionen keiner auf der Strecke bleibt.

Autor: Matthias Baumann

*) Das Mail traf mit etwa 20 Stunden Zeitversatz am Folgetag ein. (Anmerkung der Redaktion)

Mittwoch, 5. November 2014

#cnight des @c_netz mit Angela Merkel und weiteren Netzwerkern

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist im Umfeld der Bundesregierung die ungeschlagene Queen der sozialen Netzwerke. Beim Schreiben von SMS ist sie schneller als Peter Altmaier beim Twittern. Sie hat mehr Follower als einige Bundesminister zusammen. Hier nicht den multimedialen Anschluss zu verpassen, stellt eine gewisse Herausforderung dar.

In ihrer Begrüßungsrede zur heutigen #cnight im Konrad-Adenauer-Haus ging die Kanzlerin unter anderem darauf ein, dass Europa in der realen Gefahr stehe, den technologischen Anschluss zu verlieren. Das betreffe insbesondere die Hardware. Deshalb kam es wohl nicht von ungefähr, dass in der anschließenden Diskussionsrunde auch Miele-Geschäftsführer Dr. Eduard Sailer dabei war.

#cnight @c_netz Angela Merkel Zalando Oliver Samwer Miele Eduard Sailer
Oliver Samwer, Angela Merkel, Cherno Jobatey und Eduard Sailer beim entspannten Talk auf der #cnight
Mit dem durch Waschmaschinen und Staubsauger bekannten Unternehmen Miele, welches auf der #cnight als "150-jähriges Startup" bezeichnet wurde, war eine innovative Firma vertreten, die nicht "auf Exit" ausgerichtet ist. Aufbauen, verkaufen, aufbauen, verkaufen ist ja eine Tendenz, die mit der aktuellen Startup-Szene verbunden wird.

Bei diesem "Spiel auf Exit" werden zukunftsweisende Ideen kreativer Köpfe aufgegriffen, Venture Capital dazugepumpt und dann im passenden Moment das Unternehmen verkauft. Diese Kultur hat nichts mit Nachhaltigkeit und traditioneller Wirtschaft zu tun, sondern ähnelt eher dem aus der Vermögensbildung bekannten Gebaren. Das könnte auch der Grund sein, dass viele Startups bereits im ersten oder zweiten Jahr einen schmerzhaften Exit erleben, wenn nicht schnell genug monetäre Ergebnisse erzielt werden.

Oliver Samwer als Zalando-Gründer und Chef von Rocket Internet vertrat die Exit-Szene, was sich in seinem bisherigen Leben als durchaus lukrativ erwiesen hatte.

#cnight @c_netz Angela Merkel Zalando Oliver Samwer Miele Eduard Sailer
Angela Merkel und Cherno Jobatey konnten die Gäste der #cnight mitreißen
Zwischen Rocket und Miele stand Cherno Jobatey und moderierte die diametralen Unternehmensphilosophien.

Die auf den mitlaufenden Twitter-Screens immer wieder liebevoll als "Mutti" bezeichnete Angela Merkel war ebenfalls mit Eifer bei der Sache. Bei den neuen Energie sparenden Miele-Staubsaugern mit Heizfunktion merkte man, dass sie trotz Ihres zeitintensiven Arbeitsalltages immer noch einen Bezug zu häuslichen Aufgabenstellungen hatte.

Die Frage, ob sie denn noch fernsehe, wusste sie zunächst nicht so recht einzuordnen, antwortete dann aber in ihrer bekannt schlagfertigen Art, dass sie dieses "zeitversetzt" tue.

Oliver Samwer erzählte, dass er ohne Kapital aus den USA niemals so weit gekommen wäre. Es fehle in Deutschland nicht nur an Software-Entwicklern sondern auch an Venture Capital. Es gebe zwar einen positiven Trend, allerdings sei dieser noch weit von den Möglichkeiten amerikanischer Risikobereitschaft entfernt. Die Regierung solle noch mehr Fördergelder zur Verfügung stellen. Aus einem Euro Fördergeld sollten dann vier oder fünf Euro Umsatz werden.

"Hauptsache, ich muss dann nicht auch noch die vier bis fünf Euro ranschaffen", kommentierte die Kanzlerin diesen nicht ganz renditesicheren Wunsch. Als Angela Merkel sagte, dass sie regelmäßig verfolge, wie Zalando dasteht, war ein breites bewunderndes Grinsen auf den Gesichtern vieler weiblicher Teilnehmer dieser #cnight zu sehen. Dennoch blieb ein Akzeptanzverhältnis von 3:1 gegenüber einem schnelllebigen Startup-Exit-Konzept auf dem Podium erkennbar.

#cnight @c_netz Angela Merkel Zalando Oliver Samwer Miele Eduard Sailer
Kritischer Blick der Kanzlerin auf das Exit-Spiel der Startup-Branche
Ganz forsch ging es dann mit Innenminister Thomas de Maizière weiter. Bereits durch einen gewünschten Zwischenruf räumte er mit dem Mythos des Fachkräftemangels auf. Das Problem sei gelöst und die Bedingungen für ausländische Fachkräfte deutlich verbessert. In aller Deutlichkeit transportierte er die Botschaft, dass das Internet kein rechtsfreier oder rein virtueller Raum sei und dass die Identität eines Menschen eindeutig wäre, auch wenn er mehrere Accounts und Passwörter nutze.

Wenn Strafverfolgungsbehörden öffentliche Social-Media-Diskussionen mitlesen und sich gelegentlich einmischen, sei das kein Eingriff in die Freiheit des Internets, sondern entspreche der Präsenz eines Streifenwagens in der "realen Welt".

Der Innenminister wiederholte vor dem Publikum noch einmal die wichtigsten Punkte der Digitalen Agenda. Thematisch unterstützt wurde er von weiteren Bundesministern wie Peter Altmaier und Alexander Dobrindt.

Am Rande der #cnight präsentierten sich auch wieder einige Größen der Branche. Google, Samsung, Telekom oder Facebook verteilten Notizbücher, Kugelschreiber und weiterführende Informationen.

Hätten wir nicht die Begegnung mit dem ehemaligen Kanzleramtsminister Rudolf Seiters geplant gehabt, wären wir wohl noch zum Get-together geblieben.

Autor: Matthias Baumann