Samstag, 16. Dezember 2017

Bundespräsident nimmt Akkreditierungsschreiben der Botschafter von Kuba, Lesotho, Kolumbien und Österreich entgegen

"Wo liegt denn bitte Lesotho?", kam nach wenigen Minuten der erste Kommentar zu unserem Video. Gestern hatten wir alle vier Botschafter-Akkreditierungen begleitet. Ein absolutes Novum, zumal wegen Commonwealth oder anderer Gründe oft nur einer der vier bis sechs Botschafter im Akkreditierungs-Pool für uns interessant ist.

Lesotho ist eine Enklave inmitten Südafrikas. Lesotho ist - wie Malaysia - eine parlamentarische Monarchie. Das Alleinstellungsmerkmal dieses Königreichs sind die zwei Millionen Einwohner. Im Gegensatz zum übrigen Kontinent bestehen diese zu fast 100% aus einem Stamm, dem Bantuvolk Basotho. Auch Lesotho stand viele Jahrzehnte unter britischer Herrschaft und erlangte 1966 die Unabhängigkeit. Deshalb gehört Englisch zu den Amtssprachen. 90% der Bevölkerung ist christlich geprägt. Die Hälfte davon würde sich als katholisch bezeichnen. Schulen unter christlicher Trägerschaft haben ein allgemein gutes Bildungsniveau geschaffen.

Etwa 17% der Basotho sind HIV-infiziert. Das ist die weltweit zweithöchste Infizierungsrate nach Swasiland. Dem begegnet die Regierung neuerdings mit Aufklärung zum Thema.

Lesotho - Botschafter Masenyetse akkreditiert
Lesotho - Botschafter Masenyetse akkreditiert
Lesotho hat aber noch eine weitere Besonderheit: Flagge des Landes und Kopfbedeckung des Botschafters harmonieren miteinander. Auch auf Autokennzeichen wird dieser Hut abgebildet. Der an eine Jurte mit Bommel erinnernde Hut hat sein Vorbild in der Form des Qiloane-Berges.

Lesothos Botschafter Retselisitsoe Calvin Masenyetse hatte im wahrsten Sinne des Wortes den Hut auf. Begleitet wurde er von einer Delegation, die nur aus Frauen bestand. Diese trugen dicke blaue Umhänge und Kopftücher, die im Piraten-Style gebunden waren. Eine spannende Truppe, die halb zwölf den schwarzen Limousinen entstieg, für zwanzig Minuten im Schloss verweilte und dann mit Polizei-Eskorte und Limos vom Hof chauffiert wurde.

Botschafter-Akkreditierung Eskorte Konvoi
Eskorte und Konvoi warten während der Botschafter-Akkreditierung vor dem Schloss Bellevue
Mit so viel Farbe dienten die weiteren drei Länder nicht. In Grau, Schwarz, Weiß und ein wenig Grün traten Kuba, Kolumbien und Österreich auf. Kuba hatte den heutigen Reigen um elf eröffnet. Immer der gleiche Ablauf:

Ehrenzug kommt, Botschafter wird vorgefahren, kurzes militärisches Zeremoniell, Botschafter trägt sich ins Gästebuch des Schlosses ein, Botschafter und alle anderen gehen in die zweite Etage, Akkreditierungs-Schreiben wird an den Bundespräsidenten übergeben, Foto vor der flauschigen Fahne mit Bundesadler, Gespräch des Präsidenten mit dem Botschafter, Ehrenzug geht und kommt wieder, Delegation unterschreibt im Gästebuch, Delegation bekommt Erfrischungsgetränke, Gruppenfoto, Flagge wird gehisst, Botschafter und Delegation werden verabschiedet, Botschaftsleute steigen in die Fahrzeuge und rauschen vom Platz - Next!

Österreich - Botschafter Peter Huber akkreditiert
Österreich - Botschafter Peter Huber akkreditiert
Zwei Stunden für vier Botschafter: Ramón Ignazio Ripoll Díaz aus Kuba, Maria Elvira Pombo aus Kolumbien und Peter Huber aus Österreich. Letzterer versprühte jugendlichen Charme, mal ganz abgesehen vom Wiener Charme, den die gesamte Delegation ausstrahlte. Der Name Huber ist in Österreich ein ähnlicher Sammelbegriff wie Müller in Deutschland. In Kombination mit Peter oder Michael ist eine Verwechslung vorprogrammiert. Peter Huber gilt als Vertrauter von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Man habe "Frau Merkel keinen Roten schicken" können. Deutschland gilt neben Brüssel als zweitwichtigster Diplomatenposten.

Kolumbien - Botschafterin Maria Elvira Pombo akkreditiert
Kolumbien - Botschafterin Maria Elvira Pombo akkreditiert
Die Geschichte von Maria Elvira Pombo - Botschafterin Kolumbiens - lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Sie war vorher als Diplomatin in Brasilien tätig und hat einen starken Fokus auf Handel, Investitionen und Tourismus. Kolumbien wird hierzulande vorwiegend mit organisierter Kriminalität, Drogen und Fußball in Verbindung gebracht. Seien wir gespannt, welche Akzente Frau Pombo setzen wird.

Kuba - Botschafter Ripoll Díaz akkreditiert
Kuba - Botschafter Ripoll Díaz akkreditiert
Die Recherchen zu Ramón Ignacio Ripoll Díaz gestalteten sich deutlich aufwendiger. Deshalb sei an dieser Stelle erwähnt, dass er einst als Direktor der kubanischen Handelskammer fungierte. Was den Kurs Kubas betrifft, lässt sich das gut mit einem offiziellen Zitat vom 16. Juni 2017 zusammenfassen: "Wie wir es seit dem Sieg vom 1. Januar 1959 gehalten haben, werden wir kein Risiko scheuen und weiter fest und sicher am Aufbau einer souveränen, unabhängigen, sozialistischen, demokratischen, gedeihlichen und nachhaltigen Nation arbeiten."

Gegen 13:00 Uhr marschierte der Ehrenzug des Wachbataillons das fünfte Mal vom Platz: "Rechts um!", Klack, Klack, Klack, Klack - gleichmäßig testeten die Stiefel die Widerstandskraft des Pflasters. Abschied und Adventswünsche. Dann ging es zum nächsten Termin.

Video:
Akkreditierung der Botschafter von Kuba, Lesotho, Kolumbien und Österreich

Autor: Matthias Baumann

Freitag, 15. Dezember 2017

70 Jahre Israel - Bundespräsident zündet Chanukka-Kerzen an

"Shomea", sprach der Mann mit dem dunklen Anzug und der Krawatte in sein Sprechfunk-Gerät. "Ich höre", hätte sein deutscher Kollege gesagt. Neben dem Eingang mit der verglasten Security-Check-Box wies ein großes Schild darauf hin, dass das Fotografieren verboten sei. Die Leute vor mir in der Schlange trugen große Kameras und Stative.

70 Jahre Israel - Bundespräsident zündet Chanukka-Kerzen an
Relativ kurzfristig hatte der israelische Botschafter in die Residenz eingeladen. Es sollten Chanukka-Kerzen angezündet werden, der Pianist Itay Dvori war engagiert, Petra Pau und Friede Springer waren eingeladen und der Bundespräsident sollte eine Rede zu 70 Jahren Israel halten.

Israel ist schon etwas Besonderes. Rechnet man die Lebensalter und Geburtsjahre der biblischen Patriarchen nach, so wurde Abraham im Jahr 1948 nach Weltschöpfung geboren. Der Staat Israel in der heutigen Form erlangte 1948 seine Unabhängigkeit vom britischen Mandat.

Als einzig demokratischer Staat im Nahen Osten wird Israel permanent bedrängt und mit übelsten Calumniationen konfrontiert. Dennoch ging der kleine David in den letzten 70 Jahren immer erfolgreich aus den Konflikten mit seinen übermächtigen Nachbarn hervor. Der historische Goliath war Palästinenser. Ein Konflikt, dessen Start bis auf die Zeit Isaaks, des Sohnes Abrahams, zurückdatiert werden kann (1. Mose 26, 14-15): "Darum beneideten ihn die Philister. Und die Philister verstopften alle Brunnen."

Zahlen spielen in der Bibel eine große Rolle und eine Beschäftigung damit ist eine Wissenschaft für sich. So gilt die 70 als eine Zahl der Vollständigkeit. Sie enthält die göttliche Sieben multipliziert mit der Zehn, die für die Verantwortlichkeit des Menschen steht. Aber zurück zum heutigen Anlass:

"Belt", forderte der Mann am Einlass. Nachdem ich Gürtel (Belt), Uhr, Kamera, Sakko, Mantel und Schlüssel in eine Box geworfen hatte, passierte ich ohne Tüdeln die Personenschranke. Ich bekam meine Habseligkeiten in die Hand gedrückt und durfte den Weg in die Residenz des Botschafters fortsetzen. Die Hose rutschte und wurde kurz vor dem unentwegt Hände schüttelnden Jeremy Issacharoff per Belt - pardon Gürtel - fixiert.

Es war voll, sehr voll. Vielleicht war aber auch einfach nur der Raum zu klein. An den Wänden hingen Gemälde, die gelegentlich mit den Stativen der Pressevertreter in Berührung kamen. Itay Dvori quetschte sich an mir vorbei und bat die umstehenden Besucher um ein wenig Bewegungsfreiheit. Er hatte sogar das grüne Band der Security abnehmen dürfen. Meines klebte auf den Haaren des Handrückens.

"Vakkasha ...", kamen die ersten Ansagen von der Handtuch-großen Freifläche zwischen Klavier und Rednerpult. In der ersten Reihe hatten sich unter anderem Friede Springer und Petra Pau aufgestellt. Daneben ein Rabbiner mit Bart und typischer Kleidung. Im Zentrum der Freifläche befand sich ein Tisch mit Chanukka-Leuchter und eine Roll-Blende mit Hinweis auf "70 Jahre Israel". Kurz vor neun stieß eine Dame im Vorbeigehen an den Leuchter und konnte im letzten Moment noch den finalen Fall der vier Kerzen verhindern.

70 Jahre Israel - Bundespräsident zündet Chanukka-Kerzen an
Chanukka - 70 Jahre Israel - Bundespräsident Steinmeier und der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff
Pünktlich um neun drängten sich der Bundespräsident und seine Gattin durch die Gäste. Der Pianist stimmte das erste Lied an: "Halleluja". Dann wurden die aktuell relevanten Kerzen entzündet. Frank-Walter Steinmeier durfte das tun, während der Botschafter das "Baruch Adonai" sang. Viele der Gäste wirkten bewegt. Ich filmte die Szene.

In der anschließenden Rede ging der Bundespräsident ohne Umschweife auf die verbrannten israelischen Fahnen auf deutschen Plätzen ein. Er wertete das als einen Angriff auf unser Demokratieverständnis. Die Entscheidung des US-Präsidenten, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, sei jedoch als Beitrag für einen friedlichen Nahen Osten zu bezweifeln.

Es folgte eine kurze Rede des Botschafters und Klavierstücke - darunter auch "Tochter Zion". Das passte gut an diesem Ort. Dann war der presseöffentliche Teil zu Ende, so dass ich hier leider nicht erwähnen darf, wer sich mit wem per Smartphone ablichten lassen wollte und welche israelischen Spezialitäten beim Empfang gereicht wurden. Aus gut unterrichteten Kreisen war zu vernehmen, dass es leckere aber "fettige Krapfen" gab.

Der Bundespräsident hatte nicht viel Zeit. Ab elf Uhr standen Botschafter-Akkreditierungen im Schloss Bellevue an. Ich fuhr schon mal vor.

Video:
Bundespräsident zu Gast in der Residenz des israelischen Botschafters

Autor: Matthias Baumann